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Pólske wójsko wobsadźi Radwor | die Polnische Armee besetzt Radibor |
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serb | Originalzitat aus Tagebuch Leo Labus O.F.M.: Dieser Tag hatte sonst seine eigene Note. Da wurde gefeiert, wurden Paraden gehalten und Beförderungen ausgesprochen. Adolf Hitlers Geburtstag. Gefeiert wird er heute nicht, etwas anderes beschert er uns. Früh um 4 Uhr – ich hatte vorher 3 Stunden geschlafen – wird das Haus von einer furchtbaren Explosion erschüttert; man hört gleich die Fensterscheiben splittern. Wir stürzen alle in den Keller. Die explosionsartigen Erschütterungen wiederholen sich dann mehrere Male bis etwa 5 Uhr; zeitweilig scheint das Dorf in bengalisches Licht getaucht. Es stellt sich später heraus, daß dies alles deutsche Munitionssprengungen hinter dem Radiborer Bahnhof und in Königswartha gewesen sind. Die furchtbare Erschütterung, deren Ursache man zunächst noch nicht kannte, veranlaßte die Bevölkerung, die Keller aufzusuchen. Unser Pfarrhauskeller füllte sich allmählich. Etwa 50 Personen suchten hier Zuflucht, blieben auch die kommenden Nächte in einer schönen Gemeinschaft hier vereint. Im Morgengrauen – etwa 5 Uhr – ging ich zur Kirche und fand hier die ersten Verwüstungen des Krieges vor, ohne dass ein feindlicher Schuß im Dorf gefallen war. Alle Fenster der Kirche waren zerstört, alle die herrlichen Glasmalereien, die Werke frommer Stifter, waren in wenigen Sekunden vernichtet worden. Dar materielle Schaden allein beträgt etwa 10 000 RM. Es werden sich viele fleißigen Hände regen müssen, viele opferfreudige Menschen werden wieder opfern müssen, ehe dieser Schaden behoben ist. 6 Uhr früh. – Schreckensbleich sagt mir jemand: „Die Russen sind da, ein russischer Soldat steht mit dem Gewehr im Anschlag vor der Kellertür.“ Ich steige hinauf. Eine Verständigung ist gleich möglich. Es ist ein polnischer Soldat; denn – das erfahre ich bald – Abteilungen der polnischen Armee sind hier, wie überall in Sachsen. und weiter: Leider sind auch Opfer an Menschenleben zu beklagen. Der Bauer Michael K. aus Cölln war mit dem Rade nach Radibor gekommen, wohl um dem Gottesdienst beizuwohnen. Auf der Heimfahrt wurde er durch nachgesandte Schüsse zum Absteigen gezwungen und trotz aller Zeichen der Ergebung vor der Schule erschossen. Erst 2 Tage später konnten wir ihn in die Leichenhalle schaffen und dann in aller Stille beisetzen, ehe noch seine Familie etwas von diesem Unglück erfuhr. |