Vortrag

Sämtliche katholische Kirchen sowohl der wendischen
als teutschen Kreise in der Oberlausitz sind von einst gar
alten Zeiten her neugebaut, vergrößert, und in sol-
cher Beschaffenheit hergestellt worden, dass sie nicht
nur die vermehrte Zahl der zu ihnen gehörigen Glaubens-
genossen fassen, und jedem Mitgliede der Pfarr-
gemeinde Raum genug darbieten, seine Andacht mit
Bequemlichkeit zu pflegen, sondern sie haben auch hin-
länglig Licht , und gewähren dadurch einen heitern er-
freulichen Blick von allen Seiten.
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Die einzige katholische Pfarrkirche zu Radibor
hat sich dieses glücklichen Looses bis auf den heutigen Tag
nicht zu erfreuen gehabt, sie ist seit Jahrhunderten
in dem ärmlichen Zustande verblieben, wie sie gegenwärt-
tig ist, das heißt: Sie ist für die vermehrte Zahl
der Eingepfarrten viel zu klein und beschränkt,
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sie gewährt höchstens für zwey dritthele derselben
hinreichende Stände, sie hat keine zweckmäßige Stelle
zu Anbringung eines Orgel-Chorr; sie ist endlich wegen
Mangel an zulänglichen Fenstern, und weil die eine
Seite mit Noth-Emportirchen ganz verbaut ist, so düster
und dunkel, daß der helleste Sonnenschein nur ein
ärmliches Licht darin verbreiten kann.
Inder fromme Christ empfindet mit Lust u Freude
das Glück, wenn es ihm von der Vorsehnung vergönnt ist,
seiner Andacht in einer geräumigen, lichten und wohl-
geordneten Kirche zu verrichten, und eine eigen Stelle
darin zu besitzen.
Auch die katholische Pfarrgemeinde zu Radibor
wünscht sehrlich, einer gleichgroßen Wolthat, wo
möglich, theilhaftig zu werden, und ihre in einem
so bedaudernswürdigen Zustande befindliche Pfarr Kirche
nach Bedürfniß vergrößert, mehr erleuchtet zu
sehen. Und welcher Christ, der das Glück zu schätzen
weiß, in einer geräumigen und lichten Kirche Gott
die schuldigen Opfer der Anbetung darbringen zu können
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wird nicht genau in den so billigen Wunsch der Radiborschen
Glaubensbrüder einstimmen?
Allein sie sind nicht im Stande, diesen ihren sehnlichen
Wunsch aus eigenen Kräften und Mitteln in Ausführung
zu bringen; - und aus dem unboträchtlichen Vermögen
ihrer Pfarrkinder können die Kosten des Anbaues ebenso
wenig, oder nur zum geringsten Theil, entnommen werden,
weil kaum hinreichend genug ist, die jährlich notwendigen
Ausgaben zu bestreiten.
Die Radiborsche Pfarrgenossenschaft sieht sich daher
gemüßiget, zu Errichtung ihres guten Zwecks, ihre
Zuflucht zu ihren katholischen Schwesterkirchen zu
nehmen, und sowohl diese, als jeden wohlgesinnten Christen
ins besondere, um eine freywillige milde Beysteuer
ganz ergebenst zu bitten. Sie hegt zu den Ge-
meindegliedern ihrer Glaubensverwandten, und
zu ihrer theilnehmenden Brüder und Schwester-Liebe
das zuversichtlichste Vertrauen ihrer hiermit ge-
äußerte demüthige Bitte nicht ganz unerfüllt zu sehen.
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Zu dieser Absicht ist gegenwärtiges Kollektenbuch
gefertiget worden, und jeder, an dem Wohl der
Radiborschen Kirchfahrt brüderlich theilnehmende Christ
wird freundlich ersucht, seiner nach Kräften und gutem
Willen beschlossenen milde Gabe mit seines Namens
Unterschrift einzuzeichnen, oder einzeichnen zu lassen.
Jeder noch so geringe Betrag zu dem heilsamen Zwecke
wird Gottes Beyfall erhalten, wie jene Gabe der
armen Witwe im Evangelio, welche, ob sie gleich nur
ein Paar Pfennige aus ihrem geringen Vermögen
in den Sammelkasten opferte, von unserem Herrn und
Heilande gelobt wurde, weil sie aus frommen Herzen
that, was sie konnte.
Werden, wie man hofft und wünscht, die ein-
gehenden Liebesbeyträge ergiebig genug ausfallen,
so soll davon auch das Radiborsche Schulhaus mit
einem Stockwerke über dem Erdgeschoß erhöhet,
und darin eine, für die in jetziger Zeit sehr vermehrte
Schuljugend, geräumigere Lesestube gebaut werden,
weil es dem bisherigen Schulgebäude leider! Eben
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die Bewandniß hat, wie mit der Pfarrkirche, dass es
nämlich weder Raum genug gewährt, alle Schul-
Kinder zu fassen, noch Lust und Geselligkeit genug.
Übrigens dient noch zur Nachricht, dass nach
dem entworfenen Plan die Kirche zu Radibor
um zwölf Ellen verlängert werden soll, wodurch
bey Verwendung von 4. Fenstern auch hinreichendes
Licht gewonnen wird.
Dieses Kollektenbuch mit allen darin eingezeichneten
Namen der frommen und milden Wohlthäter wird
als ein immer währendes Denkmal der in unseren
Zeiten noch nicht erloschenen Bruder- und Schwester-Liebe
unter den katholischen Kirchspielen, in dem Archiv
der Radiborschen Pfarrkirche zur Verwahrung nieder
gelegt, und einer beglaubte Abschrift davon zum
Archiv des geistlichen Ordinariats zu Budißin
genommen werden.
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Die gesammte Radiborsche Kirchfahrt aber
wird sich gegen die milden Beförderer ihres
frommen Wunsches zu ewiger Dankbarkeit ver-
pflichtet fühlen, und in vorkommenden Fällen gerne
geneigt seyn, auch hinwiederum ihren Schwester-
kirchen nach Möglichkeit Beweise der brüderlichen
Theilnahme an ihrem Wohlergehen zu geben.

Gott segne das zu seines heiligen Namens Ehre
abzweckende Unternehmen!

Im Namen der katholischen Pfarrgemeinde zu
Radibor unterzeichnen diesen Vortrag

 Franz Georg Lock                                                                       Jakob Nikolaus Nowak
 Bischöfl. Adm.  (Antigonea)                                                            Pfarrer

Budißin d. 22. Apr.1816.